Jetzt ist es belegt: Die Südtiroler Seebacher stammen von den Gothen ab.
Das behaupten zumindest die Autoren der Bozner Nachrichten in zwei Artikel von 1897 und 1898. Aber der Reihe nach:
Franz war der jüngste Sohn des Johann Seebacher, dem "Alten Pemmerer" aus Lengmoos. Franz war ein Nachzügler und „Zachbauer“ in Wolfsgruben. Er war 2x verheiratet und hatte 18 Kinder. Von ihm stammt fast die Hälfte aller heutigen Seebacher aus der Rittner-Linie ab.
Drei Söhne von Franz sind ins Sarntal abgewandert.
Beginnend mit Anton Seebacher. Er heiratete 1825 Katharina Kröß aus Sarnthein. Sie lebten in Sarnthein und hatten 5 Töchter.
Gefolgt von seinem älteren Halbbruder Franz Alois Seebacher. Dieser heiratete 1835 in Reinswald Creszenz Innerebner. Sie hatten eine Tochter, ihr Hausname war Köhl in Sarnthein.
Zeitgleich folgte Antons jüngerer Bruder Josef Mathias Seebacher. Er heiratete 1835 Elisabeth Hofer aus Reinswald, sie hatten 3 Kinder. 1841 heiratete er Maria Gasser aus Reinswald, sie hatten 11 Kinder, der Hausname war Hötzl auf Glern.
Aus der erster Ehe des Josef Mathias stammt Jakob Seebacher vulgo "Jaggele Wirth" in Nordheim, oder "Oartoalm" wie der Weiler im Sarner Dialekt bezeichnet wird. Jakob war eine schillernde Persönlichkeit und über das Tal hinaus bekannt.
Er hat 1868 die 13 Jahre ältere Anna Oberkofler geheiratet und bereits mit ihr das Wirtshaus in Nordheim betrieben. Nach 26. Ehejahren starb Anna 1894 mit 68 Jahre. Die Ehe blieb kinderlos.
5 Monate später heiratete er die 30 Jahre jüngere Susanna Gruber aus Nordheim. Sie hatten 7 Kinder. Bei der letzten Geburt 1902 war Jakob bereits 63 Jahre alt. Susanna starb 1913 mit nur 44 Jahre. Jakob überlebte sie um 7 Jahre, er starb 81jährig in Sarnthein.
Jakob Seebacher mit Familie, um 1904
(Reihe hinten, von links) Jakob / Susanna / vmtl. die ältere Schwester von Susanna, Klara Maria +1929.
(Reihe vorne, von links) vmtl. die Mutter von Susanna, Maria Gänzbacher +1907 / 8.25.4 Alois Jakob, 5 Jahre / 8.25.6 Josef Balthasar, 2 Jahre / 8.25.2 Jakob Josef, 8 Jahre
/ 8.25.3 Elisabeth Anna, 7 Jahre / 8.25.1 Maria Susanna, 9 Jahre.
Als Beleg der Bekanntheit des "Jaggele Wirths" sind hier Auszüge aus zwei Artikel der Bozner Nachrichten, sowie seine Todesanzeige im Volksboten vom 25.3.1920, angeführt.
Aus dem Sarnthale
(Reminiscenzen)
Vom 20.8.1897, Bozner Nachrichten, Philipp Jakob Amonn
Drüben am linken Ufer der Talfer, hart am Weg nach dem Weiler Astfeld, steht neben der alten St. Nikolaus Kirche von Nordheim ein Haus, und da schaltet und waltet heute mit seiner tüchtigen Hausfrau der biedere „Jaggele Wirth“, ein Gothe an Gestalt und an Bildung vom Scheitel bis zur Sohle. Die Sarner sind nemlich Abkömmlinge der aus Italien versprengten Ostgoten; wenigstens behaupten das die Gelehrten und wenn ich es selbst sonst nicht glauben würde, so wäre mir der Jaggele Wirth zu Nordheim der beste Bürge dafür. Der Mann hat, wie jeder Germane, einen unbeugsamen Charakter und sein unverfälschter Sarner Dialekt, gewürzt mit kräftigem Humor, wirkt auf jedermann wohlthuend ein, wenn er auch nicht mit den Geheimnissen der gothischen Sprache genau vertraut ist. Zudem schänkt der Mann guten reinen Wein in die Flasche, schneidet dem Würdigen wie den Unwürdigen „saftigen unterspickten“, weißroten Sarnerspeck auf und dispurirt lebhaft wie ein Professor an einer Universität, welche beileibe nicht alle von den Gothen abstammen und so gescheidt sind wie der Jakob Seebacher, Wirth zu Nordheim im Sarnthal.
Da saß ich vorigen Sommer auf der Wiese neben seinem Hause und machte mit dem biederen Wirthe nähere Bekanntschaft, nachdem er mir ein gut gemessenes Viertele auf dem Tisch gestellt hatte. Wir sprachen da von verschiedenen Sachen aus alter und aus neuer Zeit und kamen auch auf die alten und die neuen Gotteshäuser im Sarnthal zu sprechen. Ich bedauerte, dass die alte St. Nikolauskirche in Nordheim, ein gothisches Bauwerk, nicht auch so würdig restaurirt worden sei, wie die St. Cypriankapelle zu Sarnthein und das dem hl. Erasmus geweihte Kirchlein zu Astfeld. Da leuchteten dem Jaggele Wirth seine Augen auf, er klopfte mir auf die Achsel und sagte: „Gnon (Namensvetter, gotisch genau) da könntest ja ein bischen doctern". Der Mann glaubte nemlich, daß ich Geld im Überfluß besäße, um die Kirche zu Nordheim zu restauriren, die sich wirklich in einem unwürdigen, theilweise baufälligen Zustande befindet.
Die Anfrage mußte meinerseits natürlich verneint werden. Als ich ihm dann rieth, er möge sein Anliegen den reichen Bozner Kaufherren, Patriziern und Advokaten mittheilen, die besser „doktern“ können als ich, schmunzelte mein Gnon, meinte es sei da nichts zu machen und schüttelte derart energisch mit dem Kopfe von rechts nach links und wieder umgekehrt, daß seine prächtige Platte über dem spärlichen Haupthaare funkelte wie eine frisch polierte Metallscheibe.
Der Pfinstigklub im Sarnthale
Vom 20.7.1898, Bozner Nachrichten, nu
Nah bei Sarnthein, nur etwas nördlicher davon gelegen, findet man den stillen Ort Nordheim an der liederrauschenden Talfer.
Dort haust Jakob Seebacher vulgo „Jaggele Wirth“, eine Hünengestalt, wohl ein echter Nachkomme des einstigen tapferen Gothenfürsten Tejas. Der „Jaggelewirth“, ein guter und zugleich kluger Mann, bietet allen Leuten, Stammesgenossen wie anderen Sassen, die ins Thal zu ihm herkommen, gutes Getränk, Speck, Wurst und andere Fressalien zur Labung, eingedenk der Sitte der germanischen Gastfreundschaft, welche zu üben auch der gothischen Sippe echte Tugend ist.
Dorthin also, zum Jakob Seebacher in Nordheim, lenkte die Pfinstigclübler am Morgen des 24. Juli's ihre flinken Schritte den unvermeidlichen Frühschoppen einzunehmen mit festen Zubehör für den Magen, es sind Musiker und Sänger, wie alles fahrende und fiedelnde Volk, durstige Leute. Der Weißwein mit seiner glänzenden Farbe von geschmolzenem Golde war von ganz vorzüglicher Güte. Ein jeder sagte und bestätigte den Spruch: Der Jaggele Wirth, der hat Charakter. - Fast ward das Abschiednehmen schwer, die „Kegler“ wollten auch nicht von der Bahn weichen.
Todesanzeige
Vom 25.3.1920 im Volksbote
Sarntal, 11.März. (Todfall.) Zu Nordheim bei Sarnthein starb am 11. März der sogenannte Joggele-Wirt Jakob Seebacher. Er war weit und breit bekannt als Wirt, als Kuhhändler, als Rechenmacher und wegen seines Mutterwitzes. Beim Joggele-Wirt trank man immer die besten Weine, obwohl er selbst wenig trank. Er war sehr sparsam, wußte nicht recht, was es heißt kranksein, er war immer gesund und erreichte ein hohes Alter von 81 Jahren. Er hinterläßt drei erwachsene Söhne und eine Tochter, die ihm die Wirtschaft führte und sie noch weiter führen wird. Wie allgemein bekannt und beliebt der Joggele-Wirt, bewies die zahlreiche Beteiligung an seinem Begräbnis.
Originalartikel der Bozner Nachrichten und Todesanzeige im Volksbote
2024 HG. Seebacher, Fotos von Margareth und Peter Seebacher, Urenkelkinder von Jakob Seebacher