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Wie die Seebacher ins Pitztal kamen

Ignaz Seebacher hat mit seiner Familie 1940 im Rahmen der Option Südtirol verlassen und ist nach Nordtirol ausgewandert. Doch wie kam es dazu? Was ist die Geschichte dazu?

Vorgeschichte

Die Option bezeichnet eine vom faschistischen Italien und nationalsozialistischen Deutschland ausgehandelte Wahlmöglichkeit, die die deutsch-und ladinischsprachige Bevölkerung Italiens, also hauptsächlich die Bevölkerung des heutigen Südtirol, vor folgende Entscheidung stellte: entweder Option für das Deutsche Reich mit anschließender Emigration oder Verbleib in Italien. Obwohl prinzipiell als Akt individueller Selbstbestimmung ausgelegt, war die freie Entscheidungsfindung durch eine Reihe von Faktoren stark beeinträchtigt.

 

Für die Option geworben wurde mit dem von deutschen Behörden versprochenen geschlossenen Siedlungsgebiet. Zudem verbreitete man ein vom Reichspropagandaminister Goebbels lanciertes Gerücht, dass die „Dableiber“ nach Sizilien oder gar Abessinien verbracht, auf jeden Fall aber südlich des Po angesiedelt würden.

Auf italienischer Seite hatte man der Option zunächst relativ gelassen entgegengesehen. Der für Südtirol zuständige faschistische Präfekt Giuseppe Mastromattei unterstützte zunächst die Auswanderung der nichtitalienischen Südtiroler, da er sich damit den Auszug der „Querulanten“ erhoffte, was zu einer Beruhigung der Region beitragen sollte. Erst nachdem er sich bewusst geworden war, dass über zwei Drittel der Bevölkerung für das Deutsche Reich optierten, versuchte er gegenzusteuern und die Gerüchte zu zerstreuen. Im Oktober 1939 wurde seine Garantie veröffentlicht, dass die nichtitalienischen Südtiroler in ihrer Heimat verbleiben könnten. Diese Zusicherungen hatten jedoch kaum einen Effekt auf die Entscheidungen der Mehrheit der Südtiroler Bevölkerung.

Siehe auch Wikipedia "Option in Südtirol"

Die Auswanderung des Ignaz Seebacher

Der Vater von Ignaz war 8.5.4 Johann. Johann zog 1898 von seinem Elternhaus, dem Gasthaus Mesnerwirt in Oberinn am Ritten, über den Torgglerhof in Atzwang, zum Bruggerhof in Haslach bei Bozen.

Nach dem 1. Weltkrieg arbeitete Ignaz zunächst auf dem Bruggerhof als Verwalter. 1923 heiratete er Albertina Ziernhöld aus Reschen. 1934 musste Ignaz mit Frau und Kindern den Hof verlassen. Die Familie zog zuerst in den Vinschgau nach Goldrain bei Schlanders, dann weiter nach Tschars und später nach Naturns. Trotz harter Arbeit blieb die Not groß und so entschloss sich die Familie 1940 zur Option und ging zuerst nach Innsbruck.

Siehe auch: Zeitzeugen-Bericht von Gerda Mathoi aus der Wenner Dorfzeitung

Ignaz hatte noch 10 Geschwister und er war nicht der einzige Auswanderer. Sein älterer Bruder Josef entschied sich nach dem 1.Weltkrieg für das klösterliche Leben. Er war Bruder Berthold im Spiritanerorden Kloster Knechtsteden in Deutschland.

Sein älterer Bruder Johann ist 1939 in Garmisch Patenkirchen als Hauptwohnsitz registriert. Er ist wohl gleich nach den Krieg nach Bozen zurückgekehrt.

Sein jüngerer Bruder Paul ist 1940 mit seiner Familie nach Graz ausgewandert. Er und seine Frau Franziska Malesardi sind auch in Graz begraben.

Sein jüngerer Bruder Peter ging 1940 mit seiner Familie nach Innsbruck. 1949 sind sie aber nach Bozen zurückgekehrt.

Die jüngste Schwester Hanna ist 1929 mit ihrem Mann Friedl Peer nach Zell am Ziller ausgewandert.

Im Pitztal angekommen

Ignaz ging in Innsbruck jeden Tag zum Konsulat, um zu fragen, ob er eine Landwirtschaft pachten könne. Dort traf er Alois Krismer (Bild) aus Wenns im Pitztal, der für seine Gerberei Arbeiter suchte. Sie wurden sich gleich einig und so zogen die 11-köpfige Familie noch 1940 nach Wenns, wo sie bei der Familie Krismer wohnen konnten. 15 Jahre lang führte Ignaz deren Landwirtschaft und die Kinder mussten nach der Schule oft am Hof und in der Gerberei helfen. 

Ignaz und Albertina blieben in Wenns und sind dort auch begraben. 4 Töchter waren in Wenns verheiratet, Familien Anna Riml +2016, Gerda Mathoi +2017, Irma Mathoi +2022 und Luise Weber +2019. Die älteste Tochter Maria Peter +2008 hat nach Imst, die jüngste Filomena Biechl +2024 nach Erpfendorf geheiratet.

Der älteste Sohn Ignaz ging 1954 zurück nach Reschen in Italien. Er heiratete dort 1958 Hermine Prenner. Beide sind in Reschen begraben (Hermine +2012, Ignaz +2015). 

Josef, auch Seppl genannt, ging nach Stams. Er heiratete dort Steffi Prantl und ist später nach Pfaffenhofen gezogen. Josef ist dort 2007 gestorben.

Der jüngste Sohn Johann, oder Hansl, hat bei der Firma Krismer in Wenns das Gerber-Handwerk erlernt. Er ging 1957 nach Brixlegg in eine Gerberei und hat dort seine spätere Frau Anna Taxer aus Wörgl kennen gelernt. Hansl zog 1962 mit seiner Familie nach Stams. Er war vom Stift Stams als Forstarbeiter angestellt und pachtete einen Bauernhof in Hauland bei Stams. 1964 ist Hansl bei Arbeiten im Forst in Stams verunglückt.

 

Da alle Söhne weggezogen sind lebt heute niemand mehr mit dem Familienname Seebacher in Wenns. Somit gilt der Familienname im Pitztal als ausgestorben. Ein bisschen lebt er aber noch im Pitztal in den Familien Mathoi, Riml und Weber weiter.

 

Familienfoto von Albertina und Ignaz Seebacher, aufgenommen 1940 in Wenns im Pitztal